Altkleider

Im „Public Transport“ in Simbabwe saß ich einmal hinter einem Mann in einer dunkelblauen Arbeitsjacke. „Holzbau Xaver Schmidle“ (Name natürlich geändert) stand in gelben Buchstaben auf seinem Rücken. Plus Adresse und Postleitzahl: ein Nachbarort in meiner schwäbischen Heimat. In fast allen afrikanischen Großstädten gibt es Märkte für Altkleider. Buden-Reihen lang sieht man feinsäuberlich aufgehängte Gebrauchtkleidung. Manchmal liegen die Kleidungsstücke auf wasserdichten Planen auf dem Boden, das sind dann „Bück-Boutiquen“. Die Preise sind günstig, die Qualität gut. Für Weiße sind die Preise in Afrika sogar sehr günstig. Nicht nur europäische Ethnologie-Studentinnen haben sich, so konnte ich beobachten, gerne für ein paar Euro mit leichten T-Shirts und grauen Hosen eingedeckt. Professionelle europäische Händler, habe ich gehört, halten nach FC-Bayern-München- und anderen Fan-Shirts Ausschau, die nach dem Re-Import in Europa ein Vielfaches dessen eintragen, was sie in Afrika kosten. „Dead white men’s clothes“ wird Secondhand-Kleidung auch genannt, in Ghana „Obroni wawu“, weil Afrikaner es sich nicht vorstellen konnten, dass jemand zu Lebzeiten so gut erhaltene Kleider weggibt. „Altkleider“ weiterlesen

Da ist kein Geiz in Afrika

Reich sein in Afrika heißt abgeben: der Familie, dem Clan, denen, die einem geholfen haben, nach oben zu kommen. Aliko Dangote, der reichste Mann Afrikas, schenkte anlässlich der Hochzeit seiner Tochter jedem Gast eine Rolex. Der Nigerianer ist Geschäftsmann – und Philanthrop. Reichtum sei ein Gottesgeschenk, heißt es. Jederzeit, und davor hat man Angst, kann er einem wieder genommen werden. Mamadou Bamba Ndiaye, Berater des ehemaligen senegalesischen Präsidenten Abdoulaye Wade, sagt: „Alles steht meistens, wenn nicht immer, auf tönernen Füßen. Jemand kann sehr reich sein – und wenn er stirbt, fällt alles in sich zusammen.“ Reichtum hält nicht lange an. Wie gewonnen, so zerronnen. Amadou Hampâté Bâ zitiert ein altes Sprichwort: „Ein Vermögen ist nicht mehr wert als ein Nasenbluten. Es taucht grundlos auf und verschwindet ebenso.“ (Bâ, Jäger des Wortes, Wuppertal 1993, S. 423). Das Abgeben funktioniert in den meisten Gesellschaftsschichten ähnlich: Der Patron versorgt die weitverzweigte Familie, der Geschäftsmann beschenkt Politiker und einflussreiche Menschen, Abgeordnete geben an ihre Verwandtschaft und an ihren Wahlkreis ab. Minister müssen ihren Clan zufriedenstellen: „Bringing home the porc“. Präsidenten, die sich bereichern, werden dagegen kaum kritisiert, was vor allem dem Respekt vor dem Alter geschuldet ist – und vor der Macht. Macht wird in Afrika selten infrage gestellt. Macht legitimiert sich quasi durch sich selbst.

„Da ist kein Geiz in Afrika“ weiterlesen